© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/24 / 09. Februar 2024

Turbo-Druck für Abschiebungen
Irland: Die Regierung in Dublin verschärft den Kurs gegenüber abgelehnten Asylbewerbern

Daniel Körtel

Die anhaltenden Proteste aus der irischen Bevölkerung haben die bürgerlich-konservative Koalitionsregierung unter Einschluß der Grünen offenbar zu einer Abkehr von der bisherigen liberalen Migrationspolitik geführt, vor allem auch wegen der stetig knapperen Ressourcen, um die Neuankömmlinge zu versorgen, sowie im Hinblick auf die kommenden Wahlen in diesem Jahr.

So kündigte vergangene Woch die irische Justizministerin Helen McEntee, die der liberal-konservativen Partei Fine Gael angehört, eine Reihe von Maßnahmen an, die die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöhen sollen. Zum einen wird Irland Ende dieses Jahres erstmals wieder seit 2018 Charterflüge für Abschiebungen in die Herkunftsländer buchen. Dabei sollen auch über Zwischenlandungen abgelehnte Asylbewerber aus anderen EU-Staaten mitgenommen werden. Damit wäre das durch die Covid-Pandemie erlassene Moratorium von Abschiebeflügen beendet. Vornehmlich werden Algerien, Georgien und Nigeria an der Spitze der anzufliegenden Zielländer stehen. Algerien wurde neben Botswana in die Liste sicherer Herkunftsländer aufgenommen. Die bestehende Liste der sicheren Länder umfaßt Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Südafrika.

Die Migranten-Charterflüge sollen noch in diesem Jahr beginnen

Aus Botswana kamen im vergangenen Jahr 343 Asylbewerber, während 1.462 aus Algerien stammten. Über die Anträge von Bewerbern aus einem dieser sicheren Herkunftsländer soll innerhalb von 90 Tagen entschieden werden „Wir haben im vergangenen Jahr eine Zunahme von Menschen aus diesen Ländern gesehen, deren Mehrheit aus wirtschaftlichen Gründen kommt“, zitiert die Irish Times die Ministerin. Geplant war, auch Nigeria und Pakistan in diese Liste aufzunehmen, doch konnte Dublin hierfür nicht alle Kriterien erfüllen.

Von weiteren Maßnahmen, die bereits am Folgetag ihrer Ankündigung in Kraft traten, sind auch solche Migranten betroffen, die bereits in einem anderen Land einen Flüchtlingsstatus genießen. Im vergangenen Jahr wurden lediglich 80 von 750 Abschiebeverfügungen vollzogen, wobei allerdings nach Regierungsangaben der größte Teil der verbliebenen Auszuweisenden ohne Information an die Behörden von sich aus das Land verlassen hätten. Die irische Regierung hofft, die Zahl der Abschiebungen auf bis zu 5.000 zu steigern. Allerdings müßten erst noch Angebote von Fluglinien eingeholt werden. McEntee bestätigte gegenüber dem Sunday Independent auch, daß bereits Pläne für Charterflüge zur Abschiebung im Gange seien und sie hoffe, daß diese noch in diesem Jahr beginnen und etwa 20 bis 30 Personen pro Flugzeug befördern würden. Das Büro für internationalen Schutz in ihrer Abteilung werde voraussichtlich mehr als 80 neue Mitarbeiter einstellen und bis Ende des Jahres 1.400 Fälle pro Monat bearbeiten – mehr als das Dreifache des bisherigen Umfangs. „Es wird mehr Abschiebungen geben, aber die Menschen werden auch schneller ihre Anträge erhalten“, betonte McEntee.

Wie sehr den Iren die Migrationskrise unter den Nägeln brennt, belegen aktuelle Umfragewerte von Ipsos B&A. Im Oktober stand das Thema Migration noch bei lediglich sieben Prozent. Von dort schob es sich in den vergangenen Monaten, an der Krise auf dem Wohnungsmarkt vorbei, an die Spitze. Dort steht es derzeit bei 24 Prozent, gefolgt von der Wohnungsnot mit 19 Prozent sowie der Sozial- und Steuerpolitik mit je vier Prozent.