© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017
Zwei Gewinner und doch kein Sieger
Nordirland: Bei der Neuwahl zum Regionalparlament konnte die protestantische DUP nur knapp ihre Führungsposition verteidigen / Schwierige Verhandlungen
Daniel Körtel
Nur zehn Monate nach der letzten regulären Regionalwahl wurden die Bürger der britischen Provinz Nordirland am vergangenen Donnerstag zu einer Neuwahl aufgerufen. Nötig wurde sie, nachdem im Januar Martin McGuinness, der von der linksnationalistischen Sinn Fein gestellte stellvertretende Ministerpräsident der Allparteienregierung, zurücktrat.
Anlaß war der Skandal über ein offenbar schlampig ausgearbeitetes Förderprogramm für erneuerbare Energien (RHIS), das Antragstellern hohe Gewinne einbrachte, dem Steuerzahler aber eine unerwartete Lücke von fast 500 Millionen Pfund. Verantwortliche Ministerin für dieses Programm war Arlene Foster, seit Januar 2016 Ministerpräsidentin von Nordirland.
Nordirlands politische Kultur ist nach wie vor von der Gruppendynamik zwischen den pro-britischen Protestanten und den pro-irischen Katholiken geprägt. Entsprechend ist das politische System seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 auf einen fragilen Machtausgleich zwischen beiden Lagern angelegt, bei dem die protestantischen Parteien stets die führende Rolle innehatten.
Insofern war für das protestantische Lager das Wahlergebnis ein Debakel, das knapp an einer Katastrophe vorbeischrammte. Nur knapp konnte die DUP (Democratic Unionist Party) von Arlene Foster mit 28 Sitzen ihre Position als stärkste Kraft im Stormont, dem nordirischen Regionalparlament, knapp vor der linksnationalistischen Sinn Fein behaupten. Zwar hat die DUP damit nach wie vor Anspruch auf den Posten des Ministerpräsidenten, verliert aber ihr Vetorecht, mit dem sie beispielsweise die Einführung der Homo-Ehe verhinderte.
Die Sinn Fein unter Michelle O’Neill hingegen fuhr mit 27 Sitzen ihr bislang bestes Ergebnis ein. Von Nutzen war ihr nicht allein der Förder-Skandal. Ebenso kam ihr die Verärgerung vieler Wähler über den von der DUP massiv unterstützten Brexit entgegen, der im Referendum vom vergangenen Juni in Nordirland keine Zustimmung fand. Ausgerechnet Foster war eine ihrer besten Wahlhelferinnen, als sie die Partei mit einem Krokodil verglich, das nur noch mehr fordere, je mehr man es füttere.
Unerfüllt blieben die Hoffnungen der einst den Friedensprozeß in der früheren Unruheprovinz tragenden Parteien der Mitte, aus dem Streit der zwei großen Antagonisten einen Vorteil zu ziehen. Die nationalistische SDLP (Social Democratic and Labour Party) konnte sich mit zwölf Sitzen als dritte Kraft im Stormont behaupten, während die UUP (Ulster Unionist Party), die einstige Staatspartei Nordirlands, mit zehn Sitzen zum weiteren Verlierer des Unionismus wurde. Zu den Gewinnern zählt die überkonfessionelle Alliance Party, die ihren größten Stimmenanteil seit mehr als 30 Jahren erzielte und künftig acht Abgeordnete stellt.
Die nun anstehenden Gespräche für die Bildung einer neuen Allparteienregierung werden sich extrem schwierig gestalten. Die Sinn Fein hat eine Beteiligung von Arlene Foster so lange ausgeschlossen, bis ihre Rolle in dem RHIS-Förderprogramm endgültig geklärt ist. Doch erste Stimmen aus der DUP stellten klar, daß man nicht bereit sei, die eigene Parteichefin einem Ultimatum der Sinn Fein zu opfern. Sollten sich die Fronten weiter verhärten, müßte die britische Regierung wieder zur direkten Kontrolle aus London übergehen.