© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/20 / 04. September 2020

Irlands nachhaltiges Trauma
Vor 175 Jahren verursachte die Kartoffel-Braunfäule auf der Grünen Insel eine Hungersnot / Britische Herrschaft verschärfte das Massensterben
Daniel Körtel

Ein einsames steinernes Kreuz steht neben der Landstraße, die durch das Doolough Valley führt, eine baumlose Talebene in der westirischen Grafschaf Mayo, wo selbst im Sommer ein scharfer, kalter Wind bläst. Es erinnert an eine Tragödie, die sich Ende März 1849 hier zugetragen hatte, als mehrere Hundert verhungernder Iren in der nahe gelegenen Delphi Lodge bei den Vertretern britischer Behörden für die Armenfürsorge um Hilfe ersuchten. Nach einer gewissen Wartezeit – die Beamten wollten sich nicht beim Essen stören lassen – wurde den verzweifelten Menschen erklärt, daß sie keinen Anspruch auf Hungerhilfen hätten. Derart abgewiesen, trat die Menge den Heimweg an, den mindestens sieben von ihnen in ihrem stark geschwächten Zustand nicht mehr schafften. Ihre Leichen wurden später im Doolough Valley gefunden. Weitere Opfer wurden im See des Tals vermutet. Der Vorfall im Doolough Valley ist eingebettet in ein größeres Drama, das als die größte humanitäre Katastrophe im Europa des 19. Jahrhunderts in die Geschichte einging, der irischen Hungersnot von 1845 bis 1849, besser bekannt als der Große Hunger.

Doolough Valley, 2008 / © Daniel Körtel
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